TRADITIONEN
Und wer bringt eigentlich die Geschenke?
Gegenseitiges Beschenken ist heute ein zentraler Bestandteil des Weihnachtsfestes. Ursprünglich waren es eher gute Wünsche auf handgeschriebenen Karten und etwas Zuckerwerk für die Kinder. Nach und nach beschenkten sich auch die Erwachsenen, wohl aber mit Augenmerk auf die ganz persönliche Note des Präsentes. Die gegenseitige Ehrerbietung, Dankbarkeits- und Respektsbekundung standen im Vordergrund.
Dass ein ganz anderes Wesen Geschenke überbringen könnte, als ein Mitglied der Familie oder ein enger Freund, war zu dieser Zeit wohl kaum denkbar. Dennoch entwickelten sich langsam die weihnachtlichen Sagengestalten, die sowohl belohnen, als auch hart bestrafen konnten. Vielleicht schon damals ein pädagogischer Schachzug, um die Kinder zur Weihnachtszeit besonders artig werden zu lassen?
Schon im 19. Jahrhundert existierte die Vorstellung eines alten, freundlichen Mannes mit beträchtlichem Leibesumfang, der für die braven Kindlein Geschenke und für die Unartigen eine Rute bereit hielt. Er vereint in sich wohl die Person des heiligen Nikolauses und seines Gegenspielers Knecht Ruprecht, der mit buschigem Bart, dunkler Kleidung und der Rute aus Reisig wohl eine Angst einflößende Gestalt gewesen sein muss. Und schon im deutschen Sprachraum ist man sich nicht einig: In Bayern und Österreich heißt er nicht Ruprecht, sondern Krampus, in der Schweiz Schmutzli und im Rheinland Hans Muff.
Nachdem in den 1930er Jahren eine amerikanische Limonadenfirma jedes Jahr zur Weihnachtszeit mit einem in Firmenfarben rot-weiß gekleideten Weihnachtsmann, oder Santa Clause, Werbung machte, wurden seine Darstellungen immer einheitlicher. Trotzdem ist man sich einig: Coca Cola hat den Weihnachtsmann nicht erfunden! Seine Gestalt und Symbolkraft ist schon viel älter.
Auch bodenlang, aber immerhin rot, trägt der französische Weihnachtsmann Père Noel. Im Gegensatz zu Santa Clause reist er nicht mit fliegenden Rentieren an, sondern zu Fuß. Seine Geschenke werden stilvoll in einer Hotte, einem Korb wie bei der Weinlese, auf dem eigenen Rücken getragen. Ähnlich halten es die Menschen in Großbritannien und Irland. Father Christmas hält sich aber nicht damit auf, wie sein amerikanischer Kollege durch Kaminschächte zu gleiten, er tritt ein und legt die Geschenke behutsam unter den festlich geschmückten Baum.
Doch trotz der allgegenwärtigen Präsenz netter älterer Herren mit und ohne Rentier besteht man im Süden Deutschlands immer noch auf dem Christkind im weißen Gewand, als weihnachtlichem Boten. Seine holde, reine Gestalt inspirierte schon zahlreiche Künstler zu Höchstleistungen. Meist erscheint diese anmutige Symbolfigur des Nachts und bringt die Geschenke heimlich, so dass sie erst am nächsten Morgen gefunden werden. Ob da wohl ein jeder Wunsch korrekt erfüllt wird? Um das Risiko eines falschen Geschenkes einzudämmen, geben sich viele Kinder die allergrößte Mühe und verfassen in der Vorweihnachtszeit akribische Wunschzettel und Briefe an das Christkind und den Weihnachtsmann. Im österreichischen Örtchen Christkindl werden diese liebevollen Sendungen in extra dafür geöffneten Postämtern seit 1950 gesammelt und manche sogar beantwortet!